Tag 2 // Aquarossa-Florenz

Da wir außer Tims Haferschleim nichts zum Frühstücken haben, begeben wir uns ohne große Verzögerungen wieder zurück auf die Straße. Bevor wir die Autobahn erreichen, müssen wir tatsächlich noch einige Liter Diesel nottanken, wofür uns die Schweizer Tankstelle wie befürchtet einen obszön hohen Betrag von der Kreditkarte hobelt. Solcherweise gestärkt bringt uns Karl der Große nun aber ohne zu murren über die italienische Grenze, wo wir erst an einer Raststätte selbst frühstücken, und dabei die Abneigung der Italiener gegen das ordnungsmäßige Schlangestehen am eigenen Leib zu spüren bekommen, und dann an einer etwas abgelegeneren Tankstelle auch Karl dem Großen zu etwas moderateren Preisen eine ausführlichere Morgenmahlzeit spendieren.

Auf der Fahrt nach Florenz kommen wir noch einmal auf Karls Namen zu sprechen, und Tim stellt den Änderungsantrag auf Karl den Mittelgroßen, der mit zwei Stimmen dafür, keiner Gegenstimme und einer Enthaltung angenommen wird. Damit ist es jetzt also offiziell, dieses Jahr werden wir von Karl dem Mittelgroßen in den Urlaub begleitet.

Am frühen Nachmittag erreichen wir Florenz, wo wir auf einem riesigen Campingplatz am Stadtrand einchecken. Unsere Zeltstelle wählen wir allerdings so ungeschickt (unter anderem, weil sonst schon fast alles besetzt ist), dass wir Karl den Mittelgroßen weder an Wasser noch an Strom anschließen können, was auf diesem Platz grundsätzlich beides vorhanden wäre. Beides ist aber noch nicht weiter tragisch, da Karls Wassertank und Batterie noch gut gefüllt sind. Mal sehen, wie lange das hält.

Vom Zeltplatz aus fährt ein Shuttlebus ins Stadtzentrum, da der aber nur bis 19 Uhr in Betrieb ist, und außerdem nur stündlich verkehrt, entscheiden wir uns stattdessen für den öffentlichen Linienbus, der mit 1,50€ pro Kopf und Fahrt genauso billig ist. Allerdings fährt er zweihundert Meter vom Zeltplatz entfernt an einer sehr inoffiziell aussehenden Ersatzhaltestelle ab, sodass wir recht glücklich sind, als tatsächlich nach nicht einmal fünf Minuten ein Bus vorbeikommt, und uns mitnimmt.

Autofahren in Italien macht keinen Spaß.

Autofahren in Italien macht keinen Spaß.

Hier hält kein Bus.

Hier hält kein Bus.

Wie Richard während der Fahrt ergooglet, fährt der Bus nicht nur irgendwo ins Stadtzentrum, sondern setzt uns fast direkt vor dem Dom ab, der unser erster Anlaufpunkt ist. Auf dem Domvorplatz kaufen wir uns als spätes Mittagessen jeder ein Pizzastück, immerhin sind wir jetzt ja in Italien, dann begutachten wir kauend den Dom. Er ist ein unfassbar großes, und unfassbar überladenes Bauwerk, das sich pompös über die umliegenden Häuser erhebt, und um das sich auch ebenso unfassbar lange Schlangen von Besuchern winden, die wahlweise den Dom besichtigen, auf die Kuppel steigen, oder den Glockenturm erklimmen wollen. Das wollen wir zwar auch alles, was wir aber nicht wollen, ist davor jedes Mal eine Stunde anstehen, und definitiv nicht die 18€ bezahlen, die man uns für die beiden Aufstiege pro Person aus der Hüfte leiern will. So begnügen wir uns erst einmal damit, um das massige Bauwerk herumzuschlendern, und es von außen zu begaffen, was ebenfalls bereits fast eine dreiviertel Stunde verschlingt.

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Als wir das Hauptportal wieder erreichen, sind Zeit und damit auch die Dombesichtigungsschlange bereits so weit fortgeschritten, dass wir es doch wagen, uns anzustellen. Während Tim und ich warten, möchte Richard die Zeit nutzen, und noch ein paar schöne Filmaufnahmen vom Dom machen, und verschwindet schnell im Menschengetümmel. Dort bleibt er auch, als wir deutlich schneller als erwartet das Domportal erreichen, und nach kurzem Blick der Wachleute auf unsere vorschriftsmäßig langen Hosen aufgefordert werden, einzutreten. Tim und ich haben uns gerade entschieden, dann halt ohne Richard im Dom zu verschwinden, da flutscht er in letzter Sekunde wieder zurück zu uns in die Schlange.
Im Inneren ist der Dom ähnlich gigantisch, wie von außen, aber angenehmerweise nicht annähernd so überladen. Tim trägt uns einige Passagen aus dem Wikipedia über die verschiedenen Wandmalereien vor. Höhepunkt des Domes ist aber wohl die gigantische Kuppel, die von innen mit einem grandiosen Deckengemälde versehen ist, das Wikipedia als völlig misslungen bezeichnet. Nicht nur sei die gewünschte räumliche Wirkung verfehlt worden, den Malern seien auch einige gröbere Fehler unterlaufen. So habe etwa ein Esel aus Versehen die Beine eines Bären erhalten, die aber wiederum in Hufen endeten. Wir bilden uns gerade ein, die fehlerhafte Stelle entdeckt zu haben, aber bevor Tim mit seinem Teleobjektiv Klarheit schaffen kann, werden wir schon wieder von zwei Wachleute hinausgescheucht, da der Dom schließt.

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Da wir uns den Blick über die Stadt nicht entgehen lassen wollen, machen wir uns quer durch die Stadt auf, zum Piazza di Michelangelo, der am gegenüberliegenden Ende der Stadt auf einer Bergkuppe liegt, und von wo aus man eine gute Aussicht haben soll. Beim Weg durch die Stadt stellen wir fest, dass es hier offenbar ein Sport ist, Verkehrsschilder so zu bekleben, dass sie kleine, humorvolle Szenen darstellen. Und so schlängeln wir uns durch die kleinen italienischen Gässchen, in denen die Italiener ihre meisterhaften Fahrkünste unter Beweis stellen, und freuen uns über jedes weitere beklebte Verkehrszeichen, das wir entdecken.

Der letzte Kilometer zum Piazza geht dann über eine schier endlose Treppe steil bergauf, dafür werden wir oben gleich von eine Masse an Touristen und einer Vielzahl an lauten, durcheinanderklingenden Straßenmusikern begrüßt. Wir drängeln uns in eine Lücke am Geländer, und lassen den Blick über Florenz schweifen: Von oben betrachtet, sieht es ganz schön karg aus. Soweit das Auge reicht sieht man gleichartige, rote Dächer dicht an dicht stehen, unterbrochen nur vom unwirklich erscheinenden Dom und drei anderen Kirchen. Abgeschlossen wird das Panorama durch eine grüne Hügelkette, aber abgesehen davon ist der Ausblick ziemlich unspektakulär.

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Und so verabschieden wir uns recht zeitnah auch wieder vom Piazza, und schlendern zurück ins Stadtzentrum. Auf dem Weg dorthin kauft sich Tim eine Postkarte samt Briefmarke. Vor dem Geschäft stellt er fest, dass es sich bei der Briefmarke aber gar nicht um eine normale Briefmarke handelt, sondern eine spezielle GPS-Briefmarke, die Richard durch kurzes googlen als totale Touristenabzocke identifiziert. Tim stürmt daraufhin wutentbrannt noch einmal in den Laden, und kommt nur Sekunden später zufrieden lächelnd ohne die Briefmarke, aber wieder mit seinem Geld zurück. Ich gehe einfach mal davon aus, dass sich der Ladenbesitzer weiterhin bester Gesundheit erfreut. Und Tim kauft seine Briefmarke wohl woanders.

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Bevor wir auf den Rückweg zum Campingplatz machen, statten wir einem kleinen Einkaufsladen noch einen Besuch ab, in dem wir Kekse en masse sowie etwas Brot, Milch und Nutella fürs Frühstück kaufen, dann begeben wir uns vollgepackt zurück zu unserer Bushaltestelle.

War der Bus auf der Hinfahrt schon voll, so ist er jetzt völlig überfüllt. Was aber den Busfahrer nicht daran hindert, im gleichen halsbrecherischen Tempo durch die viel zu engen Gassen zu brettern. Und so erreichen wir zügig unseren Campingplatz. Richard hatte sich eigentlich noch auf ein entspanntes Bad im platzeigenen Pool gefreut, der hat allerdings mittlerweile geschlossen, und so müssen wir uns mit den Duschen begnügen. Damit, und mit ein paar Keksen zum Hessenquiz des HR, den Tim irgendwie in unseren Fernseher gekriegt hat, lassen wir den Abend ausklingen.

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Ey, man kann ja seinen kompletten Körper hier an das Auto anpassen.
— Tim
Richard BeckComment