Tag 3 // Florenz-Bastia
Geschrieben von konstantin gerber
Wie gestern klingelt um acht der Wecker. Aber da wir gestern noch einkaufen waren, können wir heute erst noch ganz entspannt in Karls Sitzecke frühstücken, ehe wir in Richtung Fähre aufbrechen.
Auf dem Weg dorthin liegt Pisa, wo wir, wenn wir schon mal da sind, einen kurzen Zwischenstopp einlegen wollen. Tim kann sich von seinem letzten Besuch hier dunkel an einen kostenlosen Parkplatz in Zentrumsnähe erinnern. Auf der Suche danach stecken wir aber plötzlich irgendwo inmitten der verwinkelten, überfüllten Altstadt, deren viel zu enge Gassen so überhaupt nicht für Karl den Mittelgroßen geeignet sind. Unter viel und lautem Fluchen manövriert uns Tim aber unfallfrei bis zu einer Parklücke, die gerade lang genug für Karl ist. Von dort aus ist es dann nur noch ein Katzensprung zum touristischen Zentrum Pisas.
Da mich immer alle vorgewarnt haben, der schiefe Turm sei kleiner, als man ihn sich vorstelle, bin ich davon überrascht, wie groß er ist. Etwa so groß, wie ich ihn mir vorgestellt habe, bevor man mich darüber aufklärte, dass er kleiner sei. Was meine Erwartungen ebenfalls übertrifft, ist der massive Touristenandrang um den Turm herum. Zwar ist das Wetter gerade nicht übermäßig prickelnd, die Luft ist ziemlich schwül und feucht, und es liegt ein Regenguss in der Luft, trotzdem kann man vor lauter Touristen kaum noch treten.
Wenn den Turm immer so viele Hände stützen, kann er doch gar nicht umfallen.
Falsche Richtung! Der Turm steht weiter rechts!
Wir flüchten schnell in die angeschlossene Kathedrale, die eigentlich nur mit einem Ticket betreten werden kann. Wir schmuggeln uns mehr aus Versehen als absichtlich in einer französischen Reisegruppe an der Kasse vorbei, und gelangen in ein abgedunkeltes Kirchenschiff von beeindruckender Länge und mit beeindruckend vielen französischen Touristen. Aus früheren Besuchen erinnert sich Tim noch an die voluminöse Kasettendecke, abgesehen davon sieht die Kirche aber aus, wie jede andere italienische Kirche. Beeindruckend, aber mich beschleicht das Gefühl, dass ich inzwischen womöglich zu viele italienische Kirchen gesehen haben könnte.
Wir warten im Inneren einen kurzen Regenguss ab, dann mischen wir uns wieder unter die Touristen, die den Turm umringen und für die typischen Fotos posieren. Auch Richard versucht sich daran, muss aber feststellen, dass das gar nicht so leicht ist, wie es aussieht.
Fast.
Karl der Mittelgroße ist inzwischen völlig zugeparkt. Mit Ach und Krach kann Richard ihn gerade so aus dem Parkwirrwar und aus der Stadt manövrieren. Gerade pünktlich erreichen wir die Fähre, allerdings lässt man uns noch über eine Stunde warten, bis wir auf unser Schiff, die Mega Andrea, gelassen werden. Die Zeit vertreiben wir uns wieder mit einer seltsamen Fernsehsendung über Anwälte.
Wie ließe sich Zeit besser vertreiben als mit Essen?
Sie befinden sich hier? Klarer Fall von Mann über Bord!
Die Mega Andrea ist eine typische, große Autofähre, allerdings mit der Besonderheit, dass man das Außendeck vorne über dem Bug betreten darf, das sonst in der Regel für die Öffentlichkeit gesperrt ist. Und so können wir aus zwanzig Metern Höhe beobachten, wie sich der riesige Stahlkoloss majestätisch aus der engen Hafeneinfahrt schiebt. Könnten wir jedenfalls, wenn wir nicht genau auf die Sonne zufahren würden, die uns vom nun wolkenlosen Himmel ins Gesicht strahlt.
1:0 für die Sonnenbrille
Nach einer kurzen Erkundung des Schiffs verbringen wir den größten Teil der Fahrt auf dem Seitendeck, wo Richard Bilder bearbeitet, Tim WhatsApp-Nachrichten vorschreibt, die er dann an Land versenden will, und ich versuche, mit dem Block etwas aufzuholen.
Urlaub am Meer. Wo ginge das besser als hier?
Zur Hafeneinfahrt begeben wir uns wieder zum Bug - wie die meisten unserer Mitreisenden haben wir kurzzeitig vergessen, dass solche Autofähren in der Regel rückwärts einparken - und bekommen so einen ersten Überblick über die Hafenstadt Bastia, die sich weit über die umliegenden Hänge verteilt. Die wie willkürlich in die Hänge gesteckten Hochhausquader muten etwas seltsam an, ich finde die Stadt aber genau dadurch recht reizvoll, unterscheidet sie sich doch endlich mal von den ganzen hübschen italienischen Altstädten. Tim und Richard teilen meine Einschätzung allerdings nicht, sie haben vor allem Augen für den kleinen Leuchtturm an der Hafeneinfahrt und die über den dahinter liegenden Hügel verteilte Altstadt, die gerade ganz magisch von der Sonne beschienen werden.
Gegen kurz nach sechs verlassen wir die Fähre, und peilen den Campingplatz an. Auf dem Weg dahin wird erstmals Karls Höhe relevant, der uns mit seinen stolzen 3,40m zwingt, einige Tunnel zu umfahren. Bastia scheint bereits zahlreiche Erfahrungen mit unachtsamen Urlaubern in zu niedrigen Tunneln gemacht zu haben, denn hier hängen vor allen Tunneleinfahrten lamettaartige Ketten, an denen man schon einmal ausprobieren kann, ob es eventuell später eng wird.
Der Zeltplatz liegt auf einer sehr langen und dünnen Landzunge, und kostet uns überraschenderweise nicht wieder ein Vermögen, sondern humane 26€. Und das obwohl er direkt an einem langen Sandstrand liegt, von dem aus wir gleich nach unserer Ankunft die Badesaison eröffnen. Anschließend kochen wir uns die letzten von Tims mitgebrachten Spaghetti, dann widme ich mich noch einmal dem Blog, während Richard und Tim teils unter lautem Fluchen versuchen, meine bisherigen Blogbeiträge in die App einzupflegen, und mit Bildern samt Bildunterschriften zu versehen.
“Uah ist das kalt. Schnell wieder zurück an den Kühlschrank.”