Tag 9 // PORTO Vecchio - Bonfaccio
Geschrieben von Tim Hacker
Wir mussten nichts bezahlen für die Nacht. Auch am nächsten Morgen sind die Fenster des Rezeptionshäuschen noch mit Zeitungspapier und, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, mit Alufolie ausgekleidet. Wir freuen uns über das gesparte Geld, welches wir vermutlich in Kekse investieren werden. In einer Tafelrunde einigen wir uns, zunächst zum Plage de Palombaggia zu fahren, der mit weißem Sand, türkisem Wasser und grünen Kiefer auf seine Besucher warten soll, so zumindest unser österreichischer Reisebegleiter.
Tim sucht seinen Verstand
Und tatsächlich erwartet uns ein Strand, wie man sich ihn im fernen Deutschland an einem Regentag herbeiwünscht, sodass ich diese Gabe der Natur bei einem ausgiebigem Sonnenbad genieße, während Richard und Konstantin auf der Suche nach dem Ort sind, an dem das Google- Vorschaubild für diesen Strand aufgenommen wurde. (Ihre Reise demnächst im Kino)
Ein interessantes Naturschauspiel aber war es unterdies, dem badenden Volk zuzuschauen, als sich eine Wolke verdunkelnd über die Sonne schob: und alle schreckten sie von ihrem Liegetüchern auf, reckten ihre verbrannten Rümpfe gen Himmel, schauten erschrocken nach oben, als sei ihnen gerade der Himmel auf den Kopf gefallen. (Kann in unserem Auto tatsächlich passieren, wenn man das Dachbett nicht richtig sichert)
So lag ich also friedlich am Strand, der Dünenschutzzaun gewährte meinem Kopfe ein wenig Schatten und genoss die wogenden Wellen, das Rauschen der Brandung, das Farbenspiel des Lichtes im Wasser.
Im Sand verteilt lagen viele kleine Bällchen, vermutlich aus Seegras, die ich schon an anderen Stränden auf der Insel gesehen hatte. Ein Mann der hundert Meter entfernt von mir lag, zeigte mir eine Möglichkeit der Verwendung auf: er schruppte sich damit am ganzen Leib den Sand vom Körper. (Ich tat es ihm nach und kann berichten: es kratzt sehr dolle, am Ende ist man zwar Sandfrei, aber voller Seegrasfuseln)
Tim, 21, Irokese, verkauft jetzt Baguette To Go
Wir touren weiter nach Bonfacio, der südlichsten Stadt Korsikas. Hoch oben auf kreidernen Felsen thront sie über dem Meer, eine Trutzburg von einer Stadt, uneinnehmbar, wahrlich majestätisch. Steil stürzen die Felsen ins Meer, kreidebleich ob ihrer eigenen Gefährlichkeit, haarscharf am Abgrund stehen die Häuser, von nichts gehalten als dem blanken Fels. (Und der bröckelt: man rechnet tatsächlich in den nächsten Jahren mit einem Absturz, kann aber nicht sagen, wann das genau passieren wird.)
Wir erklimmen die Stadt über eine Zugbrücke, winden uns durch die genuesischen Gässchen, als es plötzlich zu tröpfeln beginnt. Aus den Tropfen werden Kannen, es gießt in Strömen, und so plötzlich es kam, so schwindet es wieder.
Unsere Wetter App sagte: 0% Regenwahrscheinlichkeit
Die Malereien sind tatsächlich von 2016. Hätte man besser mal weiß gelassen.
Touristen die auf Regen starren
Unser Stadtrundgang führt uns auch zum Friedhof der Stadt, der definitiv mit Meerblick werben könnte, sofern man mit solch einer Botschaft Kunden für eine Begräbnisstätte akquirieren kann.
Die korsische Bestattungskultur ist überaus interessant. Jede Familie verfügt auf dem Areal über ein kleines Grabhaus mit Tür (individuell wählbar), in welches die Toten in kleine Schächte geschoben werden können, welche anschließend mit einer Platte versiegelt werden. So reiht sich Häusschen an Häusschen, wahrlich eine Stadt der Toten.
Ganz hinten links wäre noch was frei.
Am westlichen Stadtrand führt nahezu senkrecht eine in den Stein der Klippen geschlagene Treppe hinunter an die schäumende See, L'Escalier du Roy d'Aragon genannt, oder auch: König Aragons Treppe. Der Legende nach von den Truppen des Königs in nur einer Nacht in den Fels gehauen, um das uneinnehmbare Bonfaccio einzunehmen, leider bei den Bauarbeiten durch eine wachsame Spaziergängerin entdeckt worden und somit gescheitert.
Am Eingang der Stadt führt uns ein hübscher Klippenweg im Abendrot in Richtung eines Leuchtturmes, den wir erreichen und dort zum Abschluss des Tages schnorcheln wollen.
Der Blick zurück auf die Mauern der Stadt, auf die über dem Wasser trotzenden Häuser beeindruckt uns allerdings so sehr, dass wir die Zeit vergessen und das schnorcheln auf morgen verschieben müssen.
Was kocht er da für einen Brei?